Für den Frieden!
Was ist das für eine Zeit, in der wir leben. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ vertreibt Christen aus ihren Häusern, aus einer Gegend, in der sie schon fast seit Beginn des Christentums leben. Vertreibung, Konvertieren zum Islam oder Tod – das sind ihre „Wahlmöglichkeiten“. Bei der Flucht werden ihnen alle Wertgegenstände abgenommen, ihre Häuser werden mit dem arabischen Nun („Nazarener“) gekennzeichnet – gerade Deutschen kommt so etwas aus der eigenen Geschichte bekannt vor, damals waren es bei uns die Juden.
In den sozialen Netzwerken haben viele als Zeichen der Solidarität dieses Zeichen sozusagen zurückerobert. Sie machen auf die Verfolgung unserer Glaubensschwestern und Brüder aufmerksam, indem sie ihr Profilbild entweder mit einem Nun ergänzten oder es ganz austauschten – auch ich habe das getan, trotz mancher Zweifel, ob das wirklich gut ist.
Die wichtigste Anfrage war für mich: Was bringt das schon? Den Christinnen und Christen im Irak und Syrien bringt es gar nichts, natürlich. Oder doch? Ja, es ist wichtig, Aufmerksamkeit zu schaffen. Schon mehrfach bin ich nun gefragt worden, was dieses Zeichen denn bedeute. Dass das Christentum die am meisten verfolgte Religion der Welt ist – das interessierte bisher fast niemanden. Ist ja weit weg. So eine kleine, störende Erinnerung bringt nichts für die aktuelle Situation in Irak und Syrien, aber sie schafft Öffentlichkeit. Auch das ist wichtig, und deshalb habe auch ich mein Profilbild geändert.
Inzwischen eskaliert der Konflikt zwischen Israel und Palästina. Auch in Deutschland kommt es zu sehr hässlichen Auseinandersetzungen. Judenfeindliche Parolen, die ich in Deutschland für in dieser Massivität überwunden gehalten hatte. Auf der anderen Seite undifferenzierte Hetze gegen alle Muslime, auch gegen die, die friedvoll und gut integriert hier bei uns in Deutschland leben. Auf beiden Seiten schaukelt sich der Hass hoch. Die Zahl der Übergriffe auf Moscheen in Deutschland steigt, auf die Wuppertaler Synagoge wurde ein Brandanschlag verübt. Ich habe große Sorge auch um den inneren Frieden in unserem eigenen Land, ganz abgesehen von den schrecklichen Nachrichten aus Israel und Palästina.
In diese Auseinandersetzung möchte ich mich nicht hineinziehen lassen. Auch wenn es als ein Zeichen der Solidarität mit allen Verfolgten, egal welcher Religion, gemeint ist: Das arabische Nun kann auch so verstanden werden, dass ich mich in ähnlicher Weise gegen den Islam als Ganzes wende. Das ist ganz bestimmt nicht der Fall: Ich kenne und schätze einige sehr friedliebende Menschen islamischen Glaubens, die sich genau so von diesen Extremisten distanzieren und entsetzt darüber sind, was dort geschieht. Auch in Syrien selbst protestieren Muslime übrigens gegen die Vertreibung der Christen.
Auch zum Judentum habe ich gute und unvoreingenommene Kontakte. Ein guter Schulfreund von mir, den ich leider aus den Augen verloren habe, ist Rabbiner geworden. Mir liegt viel daran, dass alle Religionen gemeinsam für den Frieden und Versöhnung eintreten.
Ich glaube auch nicht, dass es hilfreich ist, dem Hass mit Hass und Eskalation gegenüberzutreten. Auch wenn es angesichts der Gräueltaten schwer fällt: Unsere einzige Chance ist es, in allen Gruppen die zu suchen und zu finden, die selbst den Frieden suchen. Unsere einzige Chance ist es, auf Gewalt nicht mit Gewalt zu antworten, sondern mit Liebe. Ach ja, da war doch mal was mit Jesus. Sozusagen Anweisung von ganz oben. Aus Matthäus 5:
38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2.Mose 21,24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
39 Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
40 Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel.
41 Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei.
42 Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.
43 Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« (3.Mose 19,18) und deinen Feind hassen.
44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen,
45 damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.
46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?
47 Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?
48 Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.
Ich fordere alle Menschen, egal welchen Glaubens oder Nichtglaubens, auf: Sucht den Frieden und die Versöhnung. Tretet ein gegen Hass, Verallgemeinerung, Hetze gegen Volks- oder Religionsgruppen. Haltet die andere Wange hin. Teilt im Übermaß. Sorgt für Gerechtigkeit. Betet um Frieden. Liebt eure Feinde.
Ich glaube, das ist unsere einzige Chance, auf dieser Welt zu überleben.
Mein Profilbild ändere ich nun in eines, das hoffentlich von allen verstanden wird. Das Zeichen aller Friedensbewegten: Die Friedenstaube.
Lesenswerter Artikel zum Thema
Von meiner geschätzten Kollegin Sandra Bils stammt dieser Artikel, den ich unbedingt empfehle:
http://www.pastorsandy.de/?p=4272