Tausend Tode schreiben
Immer wieder hört man, der Tod werde in unserer Gesellschaft verschwiegen, an den Rand gedrängt, sozusagen totgeschwiegen. Mit ihrem E-Book-Projekt „Tausend Tode schreiben“, von dem nun die erste Version mit 135 „Todestexten“ erschienen ist, erreicht Christiane Frohmann das genaue Gegenteil:
Eintausend Autorinnen und Autoren sollen es am Ende in der vierten Version am 13.3.2015 sein, die jeweils aus ihrer ganz persönlichen Sicht über den Tod schreiben. Nur durch die Kapitelnummer getrennt, ohne Überschrift, die auf das Kommende vorbereiten würde. Sie berichten von kaum auszuhaltender Trauer. Von Verlusten. Von Ängsten. Von verpassten Gelegenheiten. Manche Texte lassen einen schmunzelnd zurück, andere verwirrt. Einige wenige habe ich nicht verstanden, und das waren nicht die englischsprachigen.
Allen gemeinsam aber ist: Es sind sehr persönliche Zugänge zum Thema Tod. So vielseitig wie wir Menschen sind. Und ich glaube, sagen zu können: Nicht nur mir ist es schwer und leichtgefallen zugleich, meinen eigenen Beitrag zu diesem Buch zu schreiben. Schwer deshalb, weil es wohl wirklich ein Thema ist, um das wir uns gerne drücken, selbst ich als Pfarrer. Leicht deshalb, weil die Geschichten gewissermaßen schon in uns lagen und heraus wollten. Meine Geschichte lag da um die zehn Jahre, und als sie fertig war, konnte ich sie vor lauter Tränen nicht mehr durchlesen.
Es tut gut, das Thema Tod nicht beiseitezuschieben. Es tut gut, von anderen zu lesen, die auf ihre eigene Weise mit den gleichen Fragen, den gleichen Problemen, der gleichen Trauer zu kämpfen haben. Auf seine eigene Weise ist es ein sehr wohltuendes Buch.
Ein bisschen Sorge habe ich, dass eintausend Texte einfach zu viel sein werden. Das fängt schon beim Inhaltsverzeichnis mit tausend Einträgen an. Werden die einzelnen Beiträge nicht einfach untergehen in der Menge? Wird jemand mehr als die ersten 50 lesen? Werden die Leserinnen und Leser depressiv, wenn sie das ganze Buch durchlesen? Aber es müssen natürlich genau tausend Tode sein, schon klar.
Ich kann dieses Buch schon jetzt, in der ersten Version, nur empfehlen. Ich hoffe, dass es ein bisschen dazu beiträgt, dass der Tod wieder gesellschaftsfähig wird. Dass wir wieder darüber reden, über dieses schwierige Thema, statt immer so zu tun, als wäre alles wunderbar und bestens.
Schade, dass es „nur“ ein E-Book ist. Für mich kein Problem, ich lese sowieso fast nur noch elektronisch. Aber ich glaube, es gibt schon noch viele, die wegen dieser technischen Hürde dieses wunderbare Werk nie zu Gesicht bekommen werden. Andererseits: Als ein einziges gedrucktes Buch wäre es wohl kaum machbar. Das Werk wird am Ende so umfangreich, dass es wohl drei oder vier Bände werden würden. Da ist ein E-Book dann schon wieder handlicher.
Ein Punkt sei unbedingt noch erwähnt: Der gesamte Autoren- und Verlegeranteil am Erlös geht an das Kindersterbehospiz Sonnenhof in Berlin-Pankow.
Buchinformationen
Erhältlich für 4,99 € in nahezu allen E-Book-Shops, z.B. hier: https://minimore.de/shop/christiane-frohmann-hg-tausend-tode-schreiben/