Samstag, 15.10.2005, 19 Uhr
"Frühe Weihnachten"
Tagesschau-Gong
Guten Abend, meine Damen und Herren. Herzlich willkommen zur 19-Uhr-Ausgabe unseres Take Offs. Die Lebensmittelbranche steht Kopf, denn: Weihnachten steht vor der Tür. Hinter den Kulissen ist ein erbitterter Streit entbrannt. Der folgende Bericht wurde uns von einem Insider zugespielt. Wir berichten Ihnen heute von Ereignissen, die sich bereits vor etwa vier Wochen zugetragen haben, aber erst heute bekannt wurden.
Montag, 16. September:
Schönster Altweibersommer; noch einmal Menschen in T-Shirts und Sandalen in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Hauptstraße. Dann plötzlich um 10:47 Uhr kommt der Befehl von Aldi -Geschäftsführer Erich B.:
"Fünf Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich!"
Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert Minimal-Geschäftsführer Martin O, eher halbherzig mit einem erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.
15:07 Uhr: Edeka-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.
l6:02 Uhr: Die Filialen von Penny und Extra bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht gegen halten und fordern ein Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 23. September. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.
Dienstag, 17. September
07:30 Uhr: Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein Esel mit Rentierschlitten Stellung, während zwei Weihnachtsmänner vom studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder zu ihren Weihnachtswünschen verhören. Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im gleißenden Schein von 260.000 Elektrokerzen.
Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur ohnmächtig zuschauen. Immerhin haben jetzt auch Horten, C&A und Real den Ernst der Lage erkannt.
Mittwoch, 18. September:
09:00 Uhr: Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.
09:12 Uhr: Minimal kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im Tiefkühlregal.
10:05 Uhr. Bei Karstadt verirren sich dutzende Kunden in einem Wald von Weihnachtsbäumen.
12:00 Uhr: Neue Dienstanweisung bei Extra:
"An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein "Frohes Fest" gewünscht!"
Die Schlemmerabteilung von Real kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.
Donnerstag, 19. September:
07:00 Uhr: Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.
08:00 Uhr: In einer eilig einberufenen Krisensitzung fordert der aufgebrachte Penny-Geschäftsführer Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark: "Weihnachten bis zum äußersten" und verfügt den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD; "Weihnachten mit Mireille Matthieu" über Deckenlautsprecher.
Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.
Freitag, 20. September
08:00 Uhr: Anwohner der Hauptstraße versuchen mit einer einstweiligen Verfugung die nun von Karstadt angedrohte Musikoffensive "Heiligabend mit den Flippers" zu stoppen.
09: 14 Uhr: Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor "Adveniat" , der gerade vor Karstadt zum großen Weihnachtsoratorium ansetzen wollte.
09:30 Uhr: Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse, sondern um Christbaumkugeln gehandelt.
18:00 Uhr: In der Stadt kommt es kurzfristig zu ersten Engpässen in der Stromversorgung, als der von Tengelmann beauftragte Rentner Erwin Z. mit seinem Flak-Scheinwerfer Marke "Varta Volkssturm" den Stern von Bethlehem an den Himmel zeichnet.
Samstag, 21. September
Die Fronten verhärten sich, die Strategien werden zunehmend aggressiver.
10:37 Uhr: Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna B. und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem Minimal- Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten sind ratlos.
12:00 Uhr: Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und Minimal die Einkaufszone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die Räum- und Streupflicht an. Umsonst!
14:30 Uhr: Teile des Stadtbezirks sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung von Eingeschlossenen. Menschen wie Sie und ich, die nur noch mal in der schönen Herbstsonne bummeln wollten.
In diesem Sinne: Frohes Fest!!
Autor unbekannt - der Text kursiert in der Lebensmittelbranche.
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